1. Hallo Philipp. Vielen Dank erstmal für das Interview. Stell dich doch bitte einmal vor. Wer bist du und was machst du beruflich?
Danke dir, dass ich hier ein bisschen über mich und das, was ich tue, erzählen darf. Ich war schon immer davon fasziniert, was den Menschen zu dem macht, das er ist und wie man diese innere Kraft, die jeder in sich trägt nach außen voll entfalten kann. Mit dem Atem, Meditation und Yin Yoga zeige ich Menschen, wie sie achtsam mit Stress und Ängsten umgehen können um wieder mehr Entspannung und inneren Frieden in ihr Leben zu bringen.
2. Du machst Breathwork, Pranayama, Meditation & Yin Yoga. Wie bist du dazu gekommen? Für diese Themen hast du ja vermutlich nicht direkt nach der Schule eine Ausbildung begonnen?
Ganz genau, mein Vater hat mir schon als kleines Kind Atemübungen und Meditation
beigebracht. Nach der Schule habe ich zunächst ganz klassisch BWL studiert und war einige Jahre in der Privatwirtschaft tätig, ehe ich erkannt habe, dass mein Weg in eine andere Richtung geht.
Neben einer Coaching- und Trainerausbildung habe ich über die Jahre hinweg etliche Ausbildungen besucht, um in die Tiefe des Yoga, des Atems und der Meditation einzutauchen. Ich bin quasi dem Ruf meines Urgroßvaters gefolgt, einem indischen Yogi und spirituellen Gelehrten. Nun, seit ein paar Jahren biete ich mit meiner Partnerin Sabine Yin Yoga Ausbildungen, Retreats, sowie Breathwork- und
Meditationstrainings an.
Breathwork mit Philipp Sharma >>>
Unterschied zwischen Breathwork und Pranayama
3. Was ist der Unterschied zwischen Breathwork und Pranayama. Gehören diese beiden Bereiche nicht zusammen?
Breathwork, also Atemarbeit, ist für mich ein Übergriff aller möglichen Methoden, Techniken und Philosophien die den Atem als Werkzeug für Veränderungsarbeit für Körper und Geist verwenden. Genau das tut auch die Pranayama-Praxis.
Die Besonderheit an Pranayama ist die Bedeutung der spirituellen und energetischen Ebene mit dem Hintergrund der jahrtausendealten Philosophie des Yoga. Manche möchten diese traditionelle Praxis mit modernen Breathwork-Trends nicht in
Verbindung sehen. Dennoch haben sie etwas gemeinsam, nämlich den Atem.
Die Frage nach dem Unterschied zwischen Breathwork und Pranayama ist wie die Frage nach dem Unterschied zwischen Nahrung und Obst. Man könnte sagen, dass jedes Pranayama Breathwork ist, doch nicht jedes Breathwork ist Pranayama. Somit gehören für mich diese beiden Bereiche zusammen und die gekonnte Kombination und Integration in die Atempraxis kann sehr wirkungsvoll und effizient sein.
Meditation für Anfänger
4. Meditation ist ein wunderbares Werkzeug um wieder zu sich selber zu finden. Doch leider muss ich feststellen, dass es viele Menschen gibt, die noch nie in ihrem Leben meditiert haben. Ich versuche dann Überzeugungsarbeit zu leisten, um diese Menschen zum Meditieren zu bewegen. Was wären deine Überzeugungen mit dem Meditieren zu starten?
Für viele Menschen ist Meditation noch nicht greifbar genug und zu sehr verbunden mit Esoterik. Ich denke es ist wichtig, dem rational denkenden Menschen die Wirkung der Meditation auf sachlich und fachlicher Ebene zu präsentieren, um das Interesse zu wecken. Dabei gibt schon zahlreiche anerkannte wissenschaftliche Studien, welche die Wirkung von Meditation in verschiedenster Hinsicht zeigen.
So startest du mit der Meditation
Einige zögern mit dem Meditieren anzufangen, da sie der Meinung sind, nicht still sitzen zu können oder sich schwer tun die Gedanken abzuschalten. Beides ist für den Anfang nicht notwendig, ganz im Gegenteil. Für den Anfang sind 2 Minuten Meditation schon ausreichend. Menschen, die sich zu Beginn beim Sitzen am Boden schwertun, empfehle ich Yin Yoga als Meditation zu praktizieren. Im Yin Yoga begeben wir uns auch in eine Pose, meist im Sitzen oder Liegen, in der wir dann für ein paar Minuten bleiben können, ohne Schmerzen.
So bekommt man zumindest mal eine Idee, was es heißt, eine Zeit lang in relativer Stille zu verweilen. Wem die Stille Unbehagen bereitet oder sich leicht ablenken lässt vom Gedankenkarussel, der soll seine Aufmerksamkeit bewusst auf seine Atmung bringen. Hier helfen simple Techniken wie das einfache beobachten oder zählen des Atems. Das beschäftigt den Verstand, beruhigt den Herzschlag und aktiviert den Parasympathikus, jener Teil des Nervensystems der zuständig ist u.a. für Entspannung, Erholung und Heilung.
Letzten Endes geht es für mich darum selbst als gutes Beispiel voranzugehen und meine Erfahrungen und die meiner Schüler*innen zu teilen, damit die Menschen Lust bekommen, sich selbst von der wundervollen Wirkung dieser Praxis zu überzeugen.
Breathwork und spirituelle Praktiken
5. Oft beginnen wir im Leben mit spirituellen Praktiken, wenn es uns nicht gut geht oder wir an einem Punkt in unserem Leben angekommen sind, wo wir nicht mehr weiter wissen. War das bei dir auch der Fall?
So ähnlich war das bei mir der Fall. Seit vielen Jahre beobachte ich, wie Menschen unter dem Druck dieser Leistungsgesellschaft stehen, sich immer weniger spüren und aufhören ihrer Intuition zu vertrauen, nur um für Ziele zu arbeiten, die nicht ihre eigenen sind. Darunter leiden Beruf, Gesundheit, Beziehung und andere wichtige Lebensbereiche.
Andererseits sehe ich dieses Riesen Potential, das in jedem Menschen schlummert und nur darauf wartet, geweckt zu werden. Ich selbst war mal an einem müden Punkt in meinem Leben, wo ich mir dachte, so kann es nicht weitergehen. Somit habe ich begonnen, mich damit zu beschäftigen was wirklich wichtig ist für ein erfülltes und glückliches Leben und sehe es als meine Aufgabe andere Menschen auf ihrem Weg dorthin zu begleiten.
Ganzheitliches Wohlbefinden mit Breathwork und Pranayama
6. Unsere Atmung ist ein sehr starkes Werkzeug, um uns wieder mit uns selber zu verbinden. Man sagt ja auch oft, wir werden geatmet. Was bedeutet das genau, dass wir geatmet werden? Was bedeutet der Atem für dich ganz persönlich?
Atmen ist für mich mehr als nur Luft rein und raus. Der Atem ist Energie. Er ist Teil des
ständigen Austauschs zwischen Innen- und Außenwelt. Das bedeutet, während wir atmen, kommunizieren Körper, Geist und Umwelt auf unbewusster Ebene miteinander. Wenn uns Stress widerfährt, wird unser Atem schneller. Wenn wir entspannen, dann verlangsamt sich der Atem. Unser Atem reagiert in Echtzeit darauf, was in und um uns herum passiert.
Das Wundervolle daran ist, das der Atem jene Funktion des autonomen Nervensystems ist, den wir bewusst selbst beeinflussen können, zugunsten unseres ganzheitlichen Wohlbefindens, mit Breathwork und Pranayama. Wenn wir darüber nachdenken, was es bedeutet, dass wir geatmet werden, dann müssen wir das Ganze etwas größer betrachten und können dann erkennen, das alles in ständiger Bewegung und Veränderung ist.
Planeten, Himmelskörper, Wind, Wetter, Licht, Schall, Flora, Fauna, bis hin zu den Prozessen in unserem Körper, Emotionen, Gedanken und auch der Atem, werden von einer gewissen Kraft bewegt. Diese Lebenskraft heißt im Yoga Prana, oder anders übersetzt “das, was alles bewegt”. Wir befinden uns in dieser großen Bewegung des ständigen Wandels und werden von dieser Kraft sinnbildlich geatmet.
Breathwork für Heilung und Erholung
7. Glaubst du, dass wir alleine durch Breathwork bei einer Krankheit wieder gesund werden können? Was hat der Atem für eine Kraft?
Ich wage nicht zu behaupten, dass alleine durch Breathwork eine Krankheit geheilt werden kann, da neben der Atmung noch viele andere Faktoren wichtig sind für einen gesunden Körper und Geist. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass eine gesunde, funktionelle Atmung für Heilung und Erholung unerlässlich ist und auch als Behandlungs- und Therapieform immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Genauso zeigen immer mehr Studien, dass eine dysfunktionale Atmung ursächlich sein kann für das Entstehen von Krankheiten und Beschwerden auf physiologischer und psychologischer Ebene. Ich appelliere daher an alle Physiotherapeuten, Yogalehrer, Coaches und Trainer den Atem als Basis jeglicher Veränderungsarbeit zu betrachten und empfehle jedem, dem seine Gesundheit am Herzen liegt, ein neues Bewusstsein zur eigenen Atmung zu bringen.
8. Wenn du drei Wünsche frei hättest, was wären das für persönliche Wünsche?
Mein Wunsch und Ziel ist es, dass wir uns wieder bewusstwerden, dass Entspannung und Zufriedenheit unser natürlicher Zustand ist und diesen jederzeit einnehmen können. Ich wünsche mir auch, dass sich die Menschen wieder daran erinnern, dass sie Teil dieser wunderbaren Welt sind und sich wieder mit Vertrauen und Liebe begegnen können. Und zu guter Letzt wünsche ich mir, dass wir nicht nur wünschen, sondern auch den Mut entwickeln zu handeln, um unsere Visionen und Träume zu verwirklichen.